Fundstücke aus den Weiten des Netzes
Hier: Das Finanzamt
(aus der Sicht der 3. Klasse Grundschule)
Von Otto-A. Peters
Es ist erstaunlich, was uns dieser kleine Aufsatz über Stimmungen und Einstellungen bei den Steuerbürgern zum Thema verrät. Wir wollen die vier Absätze des Textes der Reihe nach durchgehen, einige Richtigstellungen vornehmen, aber auch feststellen, zu wieviel philosophischem Tiefgang so ein Grundschüler fähig ist.
- Dass der Staat in Gestalt des Finanzamtes den Steuerbürgern ihr ganzes Geld wegnimmt, ist natürlich nicht richtig.Trotzdem haben viele dieses Gefühl, wenn nach Abgabe der Steuererklärung der Bescheid kommt und Nachzahlungen fällig werden. Dabei liegt der Spitzensteuersatz in Deutschland bei 45%, zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag und ggf. noch Kirchensteuer. Über das, was der Staat mit dem schönen Geld der Bürger anstellt, lässt sich genau so trefflich jammern. Dazu sei hier beispielhaft verwiesen auf das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler.
- Der Vergleich mit der Grippe hat eine gewisse Faszination. Man steckt sich an, hat Fieber, Husten und Schnupfen und wird wieder gesund. Oft ist man dann gegen das Virus immun, welches die letzte Erkrankung ausgelöst hat. Aber bereits im Folgejahr oder vielleicht sogar früher steckt man sich wieder an. Das Virus hat sich verändert, es mutiert und wird resistent gegen die unterschiedlichsten Gegenmittel. Ähnliches geschieht auch in unserem Steuerrecht. Da werden handwerklich schlechte Gesetze erlassen und die Steuerbürger halten sich daran. Sie legen die Gesetze so aus, wie es für sie am günstigsten ist. Das ist völlig legitim. Das Finanzamt legt aber das Gesetz anders aus, und zwar mit Vewaltungsanweisungen, die von genau so schlechter handwerklicher Qualität sind wie die Gesetze, die sie auslegen sollen. Dann entscheiden die Gerichte. Wenn der Bundesfinanzhof (BFH) zu oft zu Gunsten der Steuerbürger entscheidet, kommt es zu rechtsprechungsbrechenden neuen Gesetzten, die nicht besser sind als ihre Vorgänger. Das Virus ist mutiert, der Steuerbürger steckt sich wieder an, bekommt Husten, Schnupfen und Fieber und wird dann wieder gesund – nach Krankheit und Steuererklärung um ein paar Euro ärmer. In der Rückschau gab es auch im Steuerrecht regelrechte Epidemien, man denke nur an das Fördergebietsgesetz nach der Wende.
- Dass man die Steuergesetze ohne Erklärung nicht verstehen kann, ist völlig richtig. Dass aber die Steuererklärung dazu da ist, unwissenden Bürgern die Steuergesetze zu erklären, ist andererseits völlig falsch. Ohne vorherige Erklärung der Steuergesetze kann niemand – auch der steuerliche Berater nicht (!) – eine Steuererklärung ausfüllen. Es geht dabei, und das sei zur Richtigstellung angemerkt, um eine Deklaration der Einkünfte seitens des Steuerbürgers unter richtiger Anwendung der Steuergesetze. Der Bürger muss also, nachdem ihm jemand die Steuergesetze erklärt hat, dem Finanzamt seine Einkünfte erklären, und das Finanzamt wiederum erlässt einen Steuerbescheid. Der kann aber nur richtig sein, wenn zuvor jemand dem Finanzbeamten die Steuergesetze richtig erklärt hat. Alles klar soweit???
- Manche Alliterationen lassen tief blicken in des geplagten Steuerbürgers Seele. Der hier vorliegende Rechtschreibfehler ist entlarvend, klingt doch „abgezoken“ mehr nach „abzocken“ als nach „abziehen“, obwohl wahrscheinlich das Letztere gemeint ist.
Alles in allem sei dem oder der SchreiberIn aus der Klasse 3a ein großes Kompliment gemacht. Ihm oder ihr steht eine strahlende Zukunft bevor – im Grenzbereich zwischen Rechtsphilosophie und Kabarett.
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